Studie: So leiden beeinträchtigte Kinder und ihre Eltern unter der Corona-Krise

Unter welchen enormen Belastungen insbesondere Familien mit beeinträchtigten Kindern und Jugendlichen angesichts der anhaltenden COVID-19-Pandemie leiden, haben das Inclusion Technology Lab Berlin und das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT in einer Online-Umfrage erforscht. Die Umfrage wurde am 13. Mai 2020 gestartet. Innerhalb nur einer Woche nahmen 1767 Betroffene aus ganz Deutschland teil. Die Ergebnisse sprechen eine klare Sprache: Die Familien fühlen sich allein gelassen. Auch die aktuellen Schulöffnungen bringen keine Verbesserung.

Während die Öffnungen von Schulen und Förderschulen für zahlreiche Kinder und Eltern eine Erleichterung bedeuten, werden viele nicht davon profitieren können. Es leiden jene, die durch ihre körperliche oder geistige Beeinträchtigung nicht dem Risiko ausgesetzt werden können, an ihre Schulen zurückzukehren. Und das hat nicht nur Folgen für die betroffenen Schülerinnen und Schüler. Vor allem ihre Eltern bleiben dem Zustand der Überforderung ausgesetzt. Nicht nur die Beschulung fällt für betroffene Familien weg, sondern jegliche Unterstützungsmaßnahmen wie Therapie- und Pflegeangebote. Die betroffenen Eltern müssen neben Haushalt und Beruf all dies ersetzen: Ein 24-Stunden-Job seit dem Lockdown. Über 46 Prozent der Befragten fühlen sich daher in der Betreuung ihres Kindes überfordert.

Zudem geben 41 Prozent der Teilnehmenden an, dass ihr Kind schlecht mit den Einschränkungen zurechtkommt. Als besonders belastend wird der mangelnde Kontakt zu Gleichaltrigen und vertrauten Bezugspersonen sowie die Kita- und Schulschließung genannt. 66 Prozent der Eltern sagen, dass ihre Kinder unter den Kita- und Schulschließungen leiden.

»Diese Belastung bekommen auch die Eltern zu spüren. Es verwundert nicht, dass bei 55 Prozent der Teilnehmenden Konflikte innerhalb der Familie zugenommen haben. Eltern fühlen sich allein gelassen in dieser Ausnahmesituation und leiden körperlich wie psychisch unter den fehlenden Perspektiven. Mütter sind von der Mehrfachbelastung besonders betroffen. Aber auch für die Väter sind Homeoffice und die Betreuung ihrer beeinträchtigten Kinder oftmals nur schwer vereinbar«, so Dr. Raimund Schmolze-Krahn, Vorstand des Inclusion Technology Labs Berlin.

Die Angst vor der Covid 19-Erkrankung ist nach wie vor groß. Während ein Teil der Befragten in den Schulöffnungen einen ersten Schritt zur Entlastung ihrer Situation sieht, sorgen sich 46 Prozent um die Gesundheit ihrer beeinträchtigten Kinder. Die Antworten der Teilnehmenden lassen darauf schließen, dass diese Sorge von der Art und der Schwere der Erkrankung abhängt. 41 Prozent der Befragten geben zudem an, dass Sie sich Sorgen machen, selbst an Corona zu erkranken und als (einzige) Betreuungs- und Pflegeperson ausfallen zu können.

»Insgesamt wird die institutionelle Unterstützung als mangelhaft empfunden. Das Gefühl der mangelnden Unterstützung bezieht sich insbesondere auch auf die Bereiche Kindergarten und Schule. Ohne die nötige Fachkompetenz stehen die Eltern vor der Herausforderung, ihre beeinträchtigten Kinder sonderpädagogisch zu fördern und die Lehrinhalte adäquat zu vermitteln. 40 Prozent der Eltern wünschen sich hier mehr Unterstützung durch digitale Lernangebote«, sagt Dorothea Kugelmeier, Forscherin am Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT.

Grundsätzlich sind die meisten Familien mit beeinträchtigen Kindern für digitale Technologie offen. Über 60 Prozent der Kinder und Jugendlichen nutzen interaktive digitale Geräte wie Smartphone oder Tablet, wobei die Nutzung der Geräte in der Corona-Krise zugenommen hat. Genutzt werden die Geräte in der Hauptsache zum Zeitvertreib (66 Prozent), aber auch zum Lernen (47 Prozent). Die Ergebnisse müssen allerdings differenziert betrachten werden. Während ein Teil der Kinder und Jugendlichen von den digitalen Lernangeboten und dem Home Schooling profitieren, zeigen die Erfahrungen anderer Eltern, dass genau diese Lernangebote für einige beeinträchtigte Kinder nicht geeignet sind, um Entwicklungs- und Lernfortschritte zu erzielen.

Viele der Befragten weisen darauf hin, dass Betreuung und Pflege durch Dritte mit Kosten verbunden seien, die sie nicht selbst tragen können. Sie fordern deshalb entsprechende finanzielle Unterstützung durch den Staat oder die zuständigen Stellen. Gleichzeitig bedürfe es an Information über und Unterstützung bei der Beantragung von entsprechenden Betreuungs- und Pflegeangeboten.

Lässt sich der Krise überhaupt etwas Positives abgewinnen? Viele der befragten Eltern antworten auf diese Frage mit: »Nichts«. Für einige Familien hat die Corona-Krise aber auch positive Seiten. So berichten Familien von einer Entschleunigung des Alltags durch den Wegfall von jeglichen Terminen. Die hierdurch gewonnene Zeit für und mit der Familie sowie gemeinsame Unternehmungen werden als Gewinn erlebt. Dies sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass laut Umfrageergebnis ein großer Teil der beeinträchtigten Kinder und Jugendlichen nicht von den Corona-bedingten Beschränkungen profitiert.

Eine ausführliche Darstellung der Studienergebnisse wird am 3. Juni 2020 auf folgender Webseite zur Verfügung stehen: www.fit.fraunhofer.de/de/umfrage-familien-mit-beeintraechtigten-kindern-in-der-corona-krise.html

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