Invest: „Installateure müssen wachsen“

Eine Analyse von Steinbeis M&A Partners sieht die Fachbetriebe vor gewaltigen Herausforderungen. Um die Wünsche der Kunden qualitativ hochwertig befriedigen zu können, brauchen die Betriebe eine kritische Größe. Christian von Staudt erläutert die Erhebung und die Schlussfolgerungen, die er daraus zieht.?Ein Interview

Der Photovoltaikmarkt boomt, zieht E-Mobilität und Wärmepumpen mit. In den kommenden Jahren werden Millionen Anlagen gebraucht. Wer soll sie bauen?

Christian von Staudt: Der Engpass bei den Installateuren fällt seit Mitte 2021 ins Auge. Mit der weiterhin starken Nachfrage wird sich die Situation verschärfen. Wir schätzen, dass sich der Bedarf an Fachkräften innerhalb der nächsten Jahre verdreifacht. Die Gefahr von Abwerbungen ist für die meisten Betriebe sehr akut und wird stark zunehmen.

Glauben Sie, dass neue Marktteilnehmer den Installationsmarkt entlasten könnten?

Derzeit entstehen bundesweit tätige Akteure, die zum Teil erhebliche Finanzmittel einwerben. Diese sind für die Ausbauziele der Regierung dringend notwendig, da sich hierfür der jährliche Zubau mehr als verdoppeln müsste. Unternehmen wie Enpal, DZ-4, Eigensonne oder Energiekonzepte Deutschland verfolgen sehr unterschiedliche Strategien, aber sie werden alle erheblich wachsen und können aufgrund ihrer Größe beim Einkauf, bei Finanzierung und Personalbeschaffung profitieren. Dadurch wächst zugleich der Druck auf die klassisch aufgestellten, eher lokalen Installationsbetriebe, mitzuhalten. Diesem Wettbewerb müssen sie sich stellen.

Was bedeutet das konkret?

Ich denke, je kleiner ein Fachinstallationsbetrieb ist, desto schwieriger wird es in Zukunft, dem Wettbewerb standzuhalten. Zurzeit herrscht Hochkonjunktur, die Anlagenpreise und die Gewinnspannen sind sehr hoch. Aber bestimmt werden wir früher oder später wieder Zeiten bekommen, in denen die Preise unter Druck geraten. Dann spielt die Zahl der installierten Anlagen und ihre Gesamtleistung eine wesentliche Rolle für die Einkaufskonditionen der Handwerker. Und die Frage wird sein, was die Betriebe außer Photovoltaik anbieten: Wärmepumpen, Ladetechnik für E-Autos oder elektrische Heizsysteme zum Beispiel. Die zunehmende Komplexität der Gewerke erfordert hohe Investitionen in Personal, Ausbildung und auch Vorräte.

Eine Frage wird sein, in welchen Kundengruppen die Installateure unterwegs sind. Wird es eine Rolle spielen, ob sie die Anlagen für private Kunden oder zum Beispiel Gewerbebetriebe bauen?

Natürlich. Denn die Größe der Anlagen und ihre Komplexität hängen stark davon ab, für wen sie gebaut werden. Um einen Heimspeicher zu installieren, braucht der Handwerker vergleichsweise wenige Kompetenzen. Bei Gewerbespeichern sieht das ganz anders aus. Das beginnt schon bei der Systemplanung.

Welcher Investitionsbedarf rollt aus Ihrer Sicht auf die deutschen Solarteure zu?

Gegenwärtig gibt es bundesweit rund 6.500 Betriebe, die Photovoltaik und flankierende Systeme der Energiewende installieren. Nach unseren Ermittlungen werden zwischen vier und fünf Milliarden Euro benötigt, um die Installationskapazitäten mit den Erfordernissen des Marktes in Übereinstimmung zu bringen. Folglich müsste jeder Betrieb rund eine Million Euro zusätzlich investieren, um der Zunahme an Komplexität der Leistungen, dem steigenden Bedarf an Mitarbeitern sowie der Vorratshaltung begegnen zu können und für die Zukunft gewappnet zu sein. Diese Summe ist gewichtet, da die Notwendigkeit für kleinere Betriebe relativ höher ist.

Wird es schwer für kleinere Betriebe?

Der Photovoltaikmarkt begünstigt größere und teilweise überregional agierende Installationsbetriebe. Kleinere Solarteure und Fachbetriebe müssen sich diesen Herausforderungen zügig stellen. Insbesondere schnell wachsende Betriebe des Handwerks weisen oft keine hohen Gewinne aus, da jedes Jahr immer wieder neu in Personal und Vorratshaltung investiert wird. Dies hat zur Folge, dass das Eigenkapital meistens nicht mit dem Umsatzwachstum Schritt hält und somit die Fremdfinanzierung über Banken und Lieferantenkredite schnell an ihre Grenzen kommt.

Wie hoch sind die Barrieren, um in den Markt als Installateur einzusteigen?

Der Photovoltaikmarkt für private Hausbesitzer ist arbeitsintensiv und erfordert qualitativ hochwertige Ausführungen. Dafür braucht der Installateur schlanke und eingespielte Prozesse sowie qualifiziertes Personal, also Planer, Elektriker, Monteure. Hinzu kommen regulatorische Auflagen, Zulassungen und Zertifizierungen. Das geht mit erheblichem Schulungsbedarf einher. Viele kleinere Betriebe geraten an ihre Grenzen, wenn sie Solarmodule oder Wechselrichter zunächst auf eigene Kosten einkaufen und vorfinanzieren.

Sie erwähnten die Zahl der Solarteure in Deutschland. Wie viele sind Ihrer Meinung nach für die Anforderungen des Marktes gewappnet?

Von 6.500 Solarteuren haben rund 1.250 Betriebe mehr als zehn Mitarbeiter oder setzen im Jahr mehr als drei Millionen Euro um. Um besser agieren zu können, suchen vor allem kleinere Betriebe verstärkt nach Partnern, um gewerkeübergreifend anbieten zu können. Ein wichtiger Fakt ist meines Erachtens, dass zwei Drittel der Geschäftsführer der Solarteure älter als 50 Jahre alt sind. Ein Viertel ist über 60 Jahre alt. Nun steht also auch in der Solarbranche ein Generationswechsel an.

Ist es für die Solarteure nicht an der Zeit, den weiteren Marktausbau konzeptionell anzugehen?

Unbedingt. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, sich die Gesellschafterstruktur der Unternehmen anzuschauen. Es geht darum, die Lieferfähigkeit zu sichern und zu verbessern. Wo will ich mit meinem Unternehmen in fünf oder zehn Jahren stehen? Welche Mitarbeiter brauche ich? Welche Partner helfen bei der Finanzierung von Wachstum? Wir wissen ja, dass die solare Energiewende an Dynamik zunehmen wird. Dem müssen sich die Betriebe stellen, und zwar in allen Bereichen ihrer Tätigkeit, bis hin zur IT oder Lagerhaltung. Ich kann nur empfehlen, sich professionelle Unterstützung zu holen. Denn von selbst geschieht nichts. Im hektischen Alltag mit den Kunden und ihren Wünschen geht der strategische Weitblick oft schnell verloren.•

Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.

Die Erhebung von Steinbeis M&A Partners finden Sie im Internet hier zum kostenfreien Download.

Christian von Staudt ist Partner der Steinbeis Consulting Mergers & Acquisitions (M&A) GmbH. Zuvor war er geschäftsführender Gesellschafter der AE Consult GmbH mit Fokus auf Mandate zur Beratung und Kapitalbeschaffung für Kunden in den erneuerbaren Energien. Er leitete das konzernweite Management des Zinsrisikos der Group Treasury der Commerzbank und davor das Assetmanagement der Dresdner Bank. Christian von Staudt studierte an der London School of Economics sowie an der European School of Business. Er schloss sein Studium mit dem Master of Science in Accounting & Finance und als Diplombetriebswirt ab. Er verfügt über 25 Jahre Erfahrung im Kapitalmarkt, im Beratungsgeschäft und im M&A-Geschäft mit den Schwerpunkten auf Energie und Infrastruktur. Zudem ist er geschäftsführender Gesellschafter der Arsago Renewables GmbH, die Photovoltaikprojekte entwickelt.

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